Wir wollen dass die Verpackungssteuer nicht verändert wird!

Asli Kücük im Gemeinderat – 30. Juni 2022

Sehr geehrte alle,
ich weiß nicht zum wievielten mal ich nun hier eine Stellungnahme zum Thema Verpackungssteuer halte. Es dürfte einige mal gewesen sein. Plus die endlos vielen Diskussionen. Gerne stelle ich auch heute nochmal unseren Standpunkt dar. Beim Verfassen dieser Stellungnahme stellte ich fest, dass sich irgendwie seit meinen ersten Stellungnahmen gar nicht so viel verändert hat. Dann habe ich mich gefragt, worüber haben wir eigentlich die ganze Zeit diskutiert, ausgenommen natürlich die rechtliche Darstellung, und warum habe ich mir gefühlt Hunderte von Mails durchgelesen? 

Es ist doch simpel: Wir haben ein Vermüllungsproblem in unserer Stadt, die KST ist maßlos überfordert, es kam die Idee einer Verpackungssteuer (VPS) auf, da die Kommune verantwortlich ist für die Reinigung oder Beseitigung des Mülls und dafür wollen wir Steuern berechnen bei denen, die den Müll produzieren. Da dieser Müll größtenteils von To-Go Produkten aller Art ist, wollen wir auf Mehrweggeschirr umsteigen und berechnen auf Einweggeschirr eine Steuer. Der Mega Nebeneffekt? Wir verhindern den Konsum von Einwegplastik etc. Also in einem Wort: Klimaschutz, übrigens unsere aktuell größte Krise. 

Nun stehen dieser Idee diverse Dinge im Weg, durchaus teilweise berechtigt, etwa wie Zuständigkeiten von politischen Ebenen, die jetzt aber nicht „nicht-lösbar“ wären und die Klärung der rechtlichen Lage und das waren wohl die vielen Diskussionen, die gefühlten Hunderte von Mails, die zig Stellungnahmen in ebenso vielen Sitzungen. 

Im Folgenden habe ich meine Stellungnahme in drei Abschnitte unterteilt. Die rechtliche Perspektive, die steuerliche Perspektive und zum Schluss die politische Perspektive.

Zum rechtlichen: Ja, eigentlich gehört das auf Bundesebene, aber Rechtsänderungen sind möglich. Sonst hätte uns das Verwaltungsgericht Mannheim nicht die Möglichkeit einer Revision gegeben. Wir, die AL-Grüne wollen die Satzung zur Verpackungssteuer nicht ändern. Warum? Wir können einen Effekt in Form von weniger Müll erkennen. Die Anwaltskanzlei, die die Stadt in dieser Sache berät und vertritt empfiehlt auch „keine Änderung der Satzung“, weil es der sicherste Weg ohne Restrisiko für das Rechtsschutzbedürfnis der Revision ist. Außerdem sieht die Kanzlei keine Risiken für das Rechtsschutzbedürfnis in der Revisionsinstanz zum Normenkontrollverfahren entstehen durch die Anwendung der TÜVErpackStS, also sowohl durch faktisches Nichterheben ohne Änderung als auch durch den Erlass von nur vorläufigen Bescheiden. 

Es ist also juritisches Neuland, aber das hatte ich schon mal gesagt, Neuland will auch mal entdeckt werden.

Zur steuerlichen Perspektive: 

  1. Aus der Gewerbetreibenden-Perspektive: Es wird gesagt, dass die kleinsten der kleinsten Betriebe unter dieser Steuer leiden. Aus diesem Grund haben wir die Steuer schon um ein Jahr verschoben. Dem können wir so nicht zustimmen. Zum einen gibt es Fördemaßnahmen für Mehrweggeschirr. Zum zweiten, wenn man nachweisen kann, dass man komplett auf Mehrweg umgestiegen ist, muss man nicht mal im Kassensystem irgendwas ändern oder einführen und zum dritten ist der Betrag komplett abziehbar bei Endkonsument:innen. Hier ein kleiner politischer Einwurf: Die sogenannten „kleinsten der kleinsten“ hatten während Corona die längsten Schlangen vor Ihrem Gewerbe und alles ging in Einweggeschirr raus. Viele der anderen durften gar nicht aufmachen. Der Müllaufwand war enorm. 
  2. Zur Abgabe der Steuern in der aktuell noch ungeklärten Phase. Es wird gesagt, dass die Betriebe oder vielmehr die vielen vielen sogenannten kleinsten der kleinsten Betriebe unter der ungeklärten Situation zu leiden hätten. Weder eine Rückstellung noch eine freiwillige Vorauszahlung sei ihnen zuzumuten. Das wäre eine so große Belastung für die vielen vielen Betriebe. Denn es sei ja so, dass die Einnahmen aus der VPS in die Gesamteinnahmen einfließen müssten und dies führe zu einer großen großen Belastung der Betriebe. Und das über viele viele Jahre hinweg. Sowas könne am Ende kein Betrieb mehr auffangen. Es hörte sich manchmal so an, als sprächen wir von Millionenbeträgen über Jahrzehnte. Dem ist nicht so. Es gibt schon klare Anzeichen vom BVErwGh, dass ein Interesse besteht, sich dem Thema schnell zu widmen. Klar kann es dann nochmal eine Schleife machen, aber alles in allem wird das keine Jahrzehnte, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mal viele Jahre dauern. Das heißt in einem erträglichen Maß, auch für die Betriebe. 
  3. Aus der Perspektive der Endkonsument:innen: Es wird gesagt, dass sei eine Armensteuer, denn die finanzschwachen würden unter dieser Steuer leiden. Diejenigen, die sich kein Restaurant leisten können. Auch das stimmt nicht. Es gibt eine Menge Angebote in der Stadt, die mit günstigen Imbissen mithalten können und diese sind auf Mehrweg umgestiegen und trotzdem läuft das Geschäft und die Kund:innen sind zufrieden. Den Mehrpreis zahlt man ja nur bei Einweg. Außerdem gibt es immer die Möglichkeit die eigene Tupperschüssel mitzunehmen. Ich habe das schon lange vor der VPS gemacht und nie, wirklich nie hat jemand gesagt, das machen wir nicht. Ein Imbiss in der Kornhausstraße hat komplett umgestellt und die Leute können sich schier nicht mehr vorstellen, dass sie mal aus Pappe oder Plastik aßen statt aus Porzellan. Der Laden läuft wie eh und je. Wir sagen, es ist also keine Armensteuer, sondern eine VPS, die als großer Nebeneffekt dem Klimaschutz dient.

Zur politischen Perspektive:

Littering ist zunehmend ein Problem in den Großstädten, mittelgroßen Städten, Kleinstädten und Gemeinden. Wir wissen aus ganz aktuellen Studien, dass es vor allem von To-Go-Produkten kommt. 

Nur Anreize schaffen für Zwischenproduzent:innen, also Gastro oder Imbisse, hilft hier schlicht nicht. Wenn es nicht durch Ordungsrecht geklärt ist, ist bei den Zwischenproduzent:innen keine Bereitschaft da, auf Mehrweg umzusteigen, weil dies zu einer Wettberwerbsverzerrung führt. Denn Einweg ist immer noch billiger und außerdem ist der Verkauf aus Einweg schneller. Nur mit Anreizen haben wir das versucht, aber es hat sich kaum bis nichts getan. Das wissen wir aus den Jahren 2020 – 2021 bis zum IV. Quartal. Erst als klar war, dass ab 2022 die VPS greift und Abgaben zu leisten sind, dann, und erst dann haben ca. 60 Betriebe, davor waren es ca. 10 Betriebe, Anträge gestellt für Fördermaßnahmen zu Mehrweggeschirr und erst ab Januar 2022 hatten wir den sichtbaren Effekt des Rückgangs der Vermüllung unserer Stadt. Die Verwaltung hat berichtet. 

Mittlerweile ist die VPS gut anerkannt. Viele Gastronomiebetriebe und Endkonsument:innen sehen die Sinnhaftigkeit der und die Lenkungswirkung ein. 

Außerdem hat die VPS in Tübingen mittlerweile einen Vorbild-Charakter. Andere Kommunen, der Städtetag und viele darüber hinaus schauen darauf, was hier passiert. Es wäre wünschenswert, dass viele andere Kommunen auch so eine Steuer einführen, wodurch wir dem Littering-Problem in Städten entgegenwirken könnten. 

Wir plädieren sehr stark für die weitere Erhebung der Verpackungssteuer. Die Vermeidung von Müll ist uns ein großes Anliegen. Kein einziger Schritt, der dem Klimaschutz dient, sollte verhindert werden. 

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